Dictum Friedland

Projektziele

Der Förderzeitraum im Projekt DICTUM-Rescue ist zum 31.03.2019 ausgelaufen. Wenn Sie Interesse haben, die DICTUM-Intervention in Ihrer Hausarztpraxis zu nutzen, melden Sie sich an praxistest@dictum-friedland.de. Nähere Informationen auch unter <Hausarztpraxen>.

 

Menschen zu behandeln, die kaum Deutsch sprechen, ist für medizinisches Fachpersonal eine große Herausforderung. Adäquates medizinisches Handeln unter Beachtung der individuellen Bedürfnisse ist häufig kaum möglich. Auf der anderen Seite ist es für Menschen in ärztlicher Behandlung schwer, Vertrauen aufzubauen, wenn sie sich nicht verständlich machen können. Unterstützende Dolmetscher*innen sind jedoch besonders in ländlichen Regionen schwer verfügbar und ihre Finanzierung meist ungeklärt. In solchen Situationen wird häufig auf laiendolmetschende Dritte zurückgegriffen, was im Hinblick auf die Übersetzungsgenauigkeit und den Datenschutz problematisch ist.

In unserem Projekt möchten wir die Kommunikation von Ärzt*innen und nicht-deutschsprechenden Patient*innen durch eine digitale Kommunikationshilfe unterstützen. Die Kommunikationshilfe soll in der Krankenstation im Grenzdurchgangslager Friedland erprobt, durch Erfahrungen induktiv angepasst und so für den breiten und langfristigen Einsatz vorbereitet werden. Im letzten Projektdrittel wollen wir fünf ausgewählten allgemeinmedizinischen Praxen in Südniedersachsen, die schwerpunktmäßig Menschen mit Migrationserfahrung behandeln, die Kommunikationshilfe zur Verfügung stellen.

Über die Kommunikationshilfe

Die digitale Kommunikationshilfe ermöglicht es, eine strukturierte Krankengeschichte (Anamnese) in unterschiedlichen Sprachen bzw. Dialekten zu erheben. Momentan werden folgende Sprachen unterstützt:

  • Deutsch
  • Englisch
  • Französisch
  • Italienisch
  • Spanisch
  • Niederländisch
  • Russisch
  • Polnisch
  • Litauisch
  • Arabisch (Modern Standard Arabic, Levantinisches Arabisch, Tunesisch, Marokkanisch, Ägyptisch)
  • Kurdisch (Sorani, Kurmandschi)
  • Farsi
  • Pashtu (Pashtu Kandahari, Pasthu Mashreki), gegenwärtig in Überarbeitung

Dies erfolgt durch intuitive Eingabe auf einem Tablet-PC, vor der ärztlichen Konsultation (etwa im Warteraum). Die Software reagiert dabei adaptiv auf die Angaben des/der Patient*in und fragt auch nach der subjektiven Bewertung der Symptome, sodass etwa Leidensdruck, Befürchtungen und Erwartungen mitgeteilt werden können. Fragen und Antwortmöglichkeiten werden durchgängig video- und audiobasiert dargeboten, sodass einerseits auch funktionelle Analphabet*innen die Kommunikationshilfe verwenden können und andererseits Dialektformen abgebildet werden, für die es kein schriftsprachliches Äquivalent gibt. Die Anamneseerhebung ist dabei kultursensibel gestaltet, geht auf kulturspezifische Krankheitsempfindungen ein und ermöglicht so auch eine kulturelle Übersetzungsleistung mit Erläuterungen für die behandelnden Ärzt*innen. Die übersetzten Eingaben können von ärztlicher Seite unmittelbar vor oder während der Konsultation eingesehen werden. Außerdem erhält der/die Patient*in einen Papier-Ausdruck in beiden Sprachen, auf den er/sie in der Konsultationssituation verweisen kann. Für die direkte verbale Interaktion soll zudem ein Tablet-PC zum Einsatz kommen, der beide Parteien in einfachen Kommunikationsmodi unterstützen soll.

Über das Grenzdurchgangslager (GDL) Friedland

Das Grenzdurchgangslager blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück. Nach dem zweiten Weltkrieg als Transitort für Geflüchtete, Heimkehrende und Übersiedelnde konzipiert, werden heute meist Asylsuchende in Friedland betreut. Bis heute hat das GDL über 4 Millionen Menschen zeitweise Obdach geboten.

Das GDL nimmt dabei unterschiedliche Funktionen wahr: Es ist eine von mehreren zentralen Anlaufstellen für Personen, die auf deutschem Boden ein Asylbegehren stellen. Das GDL hat die Aufgabe, Geflüchtete zu registrieren, ihr Asylbegehren aufzunehmen und dabei gleichzeitig den Menschen kurzfristig notwendigen Schutz und Versorgung zur Verfügung zu stellen, sowie die weitere Unterbringung in Deutschland zu initiieren. Typischerweise werden Menschen im GDL wenige Wochen bis Monate lang betreut, um dann im Rahmen eines Umverteilungsprozesses auf unterschiedliche Bundesländer (nach dem sog. „Königsteiner Schlüssel“) und dort in jeweilige Städte oder Gemeinden angesiedelt zu werden. Für die zeitweise Versorgung von bis zu 2.000 Menschen hält das GDL unterschiedlichste Einrichtungen parat: Von Schlafstätten über eine Mensa, sozialarbeiterische Betreuung, Kindertagesbetreuung und Schulen bis hin zu einer Krankenstation für die medizinische Versorgung.

Diese Krankenstation stellt die primärmedizinische Betreuung der erkrankten Bewohner im GDL sicher und ist erste Anlaufstelle für medizinische Probleme aller Art. Ferner gibt es einen kleinen stationären Bereich, in dem Patient*innen pflegerisch versorgt werden können. Die werktägliche Sprechstunde wird dabei von vier allgemeinmedizinischen Praxen aus Friedland und den umliegenden Gemeinden betreut. Besteht die Notwendigkeit einer weiterführenden apparativen Untersuchung zur Diagnostik bzw. Behandlung, können Überweisungen zu fachärztlichen Praxen oder Einweisungen in Krankenhäuser ausgestellt werden.

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